Durchgangsplatz ans Volk delegiert
Die Gossauer Stadtparlamentssitzung vom Dienstag fühlte sich an wie ein Déjà-vu. Erneut ging es um den Durchgangsplatz für Fahrende, der in der Septembersitzung keine Mehrheit fand. Mit dem Unterschied, dass nun das Volk darüber abstimmen wird.
ANGELINA DONATI
St. Galler Tagblatt
GOSSAU. Drei Auswahlmöglichkeiten hatten die Mitglieder des Gossauer Stadtparlaments am Dienstag, als es um die Initiative für den Durchgangsplatz ging: auf eine Stellungnahme verzichten, die Initiative annehmen oder sie ablehnen. Mit 23 zu 7 Stimmen wählte das vollzählige Parlament die erste Option und machte deutlich, dass sie das Geschäft nicht noch ein weiteres Mal beraten will. Daraufhin ordnete der Stadtrat eine Volksabstimmung an, die voraussichtlich am 5. Juni stattfinden wird.
Keine Überraschung
Dieser Schritt wäre aber auch eingeleitet worden, wenn die Parlamentarier die Initiative abgelehnt hätten. Einzig bei einer Annahme müsste das Volk nicht einbezogen werden. Bereits im Vorfeld gab die CVP-Fraktion, die grösste Fraktion, bekannt, dass sie auf eine Stellungnahme zur Initiative verzichten wird. Die SVP als zweitgrösste Fraktion stimmte im September geschlossen gegen die Umzonung des Areals, auf dem der Durchgangsplatz geplant war. Damit war der Ausgang des Geschäfts am Dienstag bereits im Vorfeld klar.
Entscheid rückgängig machen
Dennoch liess es sich keiner der Fraktionspräsidenten nehmen, vor der Abstimmung ein Votum abzugeben. Allen voran Florian Kobler (SP), Vorsitzender des Initiativkomitees. «Die Ablehnung des Durchgangsplatzes war der berühmte Tropfen zu viel.» Schweizweit habe der Entscheid für Aufsehen gesorgt. Auch entwickelte sich das Thema zum Fasnachtsgag. «Jetzt hat das Parlament die Chance, die Initiative anzunehmen und den falschen Entscheid rückgängig zu machen.»
Meinungen bleiben dieselben
Die über 1000 Unterschriften, die innert Kürze für den Durchgangsplatz im Industriegebiet zwischen Gossau und St. Gallen gesammelt wurden, seien Zeugnis genug, sagt Stefan Harder (Flig). «Das Parlament macht es sich leicht, wenn es der Initiative nicht zustimmt und damit den Entscheid ans Volk delegiert.»
FDP, CVP und SVP waren sich einig, dass das Volk jetzt darüber befinden soll. Als ehemaliger Präsident der vorberatenden Kommission sagte Felix Koller (FDP): «Die Gründe, weshalb das Areal nicht umgezont werden soll, sind immer noch dieselben und die Meinungen gemacht.» «Im September waren in der CVP-Fraktion zweierlei Haltungen auszumachen. Doch heute sind wir einstimmig der Ansicht, dass das Volk am Zug ist», sagte Roman Steiger.
Noch immer gleicher Ansicht ist die SVP. «Das Vorgehen der SP aber gilt es zu respektieren. Schliesslich ist das Schweizer Demokratie», sagte Gallus Hälg.
Gemeindeordnung prüfen
An der Stadtparlamentssitzung wurde ausserdem das Postulat «Stärkung der parlamentarischen Rechte bei Richtplänen, Sondernutzungsplänen und Planungszonen», das Roland Seiler (SVP) eingereicht hat, behandelt. Im Mai 2015 hat das Parlament dieses für erheblich erklärt. Der Stadtrat beantragt, dass das Parlament künftig das Stadtentwicklungskonzept und den Richtplan
beschliessen soll. Für Sondernutzungspläne und Planungszonen bliebe aber er zuständig. Für diese Änderung der Gemeindeordnung hat das Parlament nun eine vorberatende Kommission eingesetzt