«Ich muss nun ein Jahr lang aufs Maul sitzen»: Pascal Fürer (SVP) leitet das Gossauer Stadtparlament früher als geplant
Eigentlich hätte Pascal Fürer erst 2024 das Gossauer Stadtparlament leiten sollen. Weil Parlamentspräsident Florin Scherrer (Die Mitte) aber in den Stadtrat gewählt wurde, springt der SVP-Politiker schon früher ein. «Das ist der Höhepunkt meiner politischen Karriere», sagt Fürer, der mit seinen 29 Jahren schon einiges erreicht hat.
Ein paar Ausflügler sausen auf ihrem Velo die Strasse hinunter, alle paar Minuten braust ein Traktor vorbei. Viel los ist im Weiler Enggetschwil nicht. Direkt an der Niederbürerstrasse, die durch den idyllischen Gossauer Weiler führt, zieht ein grosses, altes Bauernhaus mit weisser Schindelfassade und rotem Giebeldach die Blicke auf sich.
Vor dem Haus steht Pascal Fürer. Der SVP-Stadtparlamentarier ist hier aufgewachsen, Anfang Jahr konnten er und seine Frau die Liegenschaft mitsamt des Landwirtschaftsbetriebs von seinen Eltern übernehmen. «Das Haus ist über 200 Jahre alt und befindet sich seit eh und je im Besitz unserer Familie», erzählt der 29-Jährige stolz. Hoch oben an der Hausfassade prangt das blaue Familienwappen der Fürers.
Fürer wohnte vor seinem Umzug ins Familienhaus im Gossauer Zentrum, nun ist er zurück in seinem Weiler. Enggetschwil ist damit die Residenz des nächsten Parlamentspräsidenten. 2024 wird Fürer die Ehre des höchsten Gossauers zuteil. Die Geschäfte führt er aber schon jetzt.
Bis Ende Jahr noch Vize
Eigentlich sollte Pascal Fürer das Parlamentspräsidium im Januar 2024 von Florin Scherrer (Die Mitte) übernehmen. Weil dieser aber per Anfang September in den Stadtrat gewählt wurde, springt Fürer nun vier Monate früher ein. Obwohl der SVP-Politiker bereits jetzt alle Aufgaben des höchsten Gossauers wahrnimmt, führt er das Parlament bis Ende Jahr offiziell noch als Vize. Im Januar findet dann wie gewohnt die Wahl des neuen Präsidenten statt. Weil die Septembersitzung mangels beratungsreifer Geschäfte ausfiel, leitet Fürer nun noch die Sitzungen im November und Dezember. Er sagt: «Ich freue mich unheimlich auf diese ehrenvolle Arbeit und übernehme gerne schon früher.»
Einerseits freue er sich auf die Leitung des Parlaments, andererseits auf die repräsentativen Aufgaben. Als höchster Gossauer lerne man viele neue Gesichter kennen. «Ich freue mich auf den Austausch mit der Bevölkerung und darauf, Gossau etwas zurückzugeben», sagt Fürer, der als Mandatsleiter Treuhand bei der Spar Management AG arbeitet.
Gelernt hat er ursprünglich Bäcker-Konditor. «Ich habe als Jugendlicher ab und zu gebacken, meine Mutter schlug mir dann diese Ausbildung vor», sagt Fürer. Backen tut er heute nicht mehr oft. Dafür gerne und regelmässig kochen. Am liebsten seine Lasagne, verrät er. Obwohl er auf einem Hof aufgewachsen ist, wollte Fürer nie Landwirt werden. «Auch wenn es ein schöner Beruf ist.» Den Betrieb haben seine Eltern vor einigen Jahren an die Nachbarn verpachtet.
Vorfreude auf neue Abstimmungsanlage
Dass Fürer einige Monate vor dem eigentlichen Start als Parlamentspräsident loslegt, kam nicht völlig überraschend. Er habe sich bereits seit Florin Scherrers Stadtratskandidatur auf dieses mögliche Szenario vorbereiten können. Als Vizepräsident des Parlaments habe er dieses Jahr bereits viel lernen dürfen und wisse, was ihn erwartet. «Ich konnte Florin über die Schultern schauen, was sehr wertvoll war.»
Tipps könnte er sich auch bei seinem Nachbarn Ernst Ziegler holen. Der ehemalige SVP-Parlamentarier war 2004 höchster Gossauer. «Es macht mich stolz, dass mit mir nun 20 Jahre später ein weiterer Bewohner – und auch noch erneut ein SVP-Vertreter – des Weilers Enggetschwil Präsident wird», sagt Fürer.
Am 7. November leitet er seine erste Parlamentssitzung. Ein bisschen angespannt sei er schon. Auch Respekt habe er. Doch die Vorfreude überwiege. Das Politisieren im Parlament werde er aber schon ein wenig vermissen. «Ich habe mich immer gerne eingebracht und meine Meinung kundgetan», sagt Fürer und ergänzt schmunzelnd: «Ich muss nun ein Jahr lang aufs Maul sitzen.»
Besonders freut ihn, dass die neue Abstimmungsanlage just in seinem Präsidiumsjahr erstmals eingesetzt werden soll. Er hatte sich gemeinsam mit Parlamentskollege Matthias Ebneter (Flig) mittels Vorstoss für ein elektronisches Abstimmungssystem stark gemacht. Ein Wermutstropfen sei, dass das Abstimmungsverhalten noch nicht ins Protokoll einfliesse, sagt Fürer. Das verhindere aktuell eine Passage im Geschäftsreglement. Somit sei die gewünschte Transparenz noch nicht erreicht.
«Stadtratsamt? Sag niemals nie»
Pascal Fürer hat mit seinen 29 Jahren schon einiges erreicht in der Politik. Von 2017 bis 2018 präsidierte er die SVP Gossau-Arnegg. Auch heute engagiert er sich noch in der Partei, in den vergangenen Jahren als Vize, heute als Kassier. 2018 rutschte er mit 23 Jahren ins Stadtparlament und in den Kantonsrat nach. Das Kantonsratsamt gab er 2021 wieder ab – aus zeitlichen Gründen aufgrund seiner Ausbildung zum Fachmann im Finanz- und Rechnungswesen. Auch im Vorstand der kantonalen Jungen SVP engagierte er sich, dort ist Fürer heute Ehrenmitglied. Für ihn ist aber klar: «Das Parlamentspräsidium ist der Höhepunkt meiner politischen Karriere.»
Und welche politischen Ziele verfolgt er sonst noch? Fürer wäre für die SVP ein möglicher Stadtratskandidat in Gossau. «Es ist ein spannendes Amt. Momentan fokussiere ich mich allerdings auf meine berufliche Karriere. Aber sag niemals nie», entgegnet Fürer.
Politik interessierte ihn schon früh. Politisiert wurde er nicht am Familientisch, sondern in Gesprächen mit Schulkollegen und Lehrpersonen. Seine ersten politischen Diskussionen führte er auf dem Pausenplatz. Im Alter von 16 Jahren trat Fürer der SVP bei.
2018 nannte er SVP-Politiker Lukas Reimann als sein politisches Vorbild. Und heute? Fürer überlegt kurz. «Ich bewundere unsere Gossauer SVP-Stadträtin Claudia Martin. Dafür, wie engagiert, zielstrebig und kompetent sie für die Bevölkerung arbeitet.»